Neugrund Krater

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Polierte Scheibe einer polymikten Kristallinbrekzie aus dem Neugrund Krater, Fundort Osmussaar, Estland. Durchmesser der Scheibe ist ca. 30 cm.

Im ZERIN und im Büro des Museums haben wir so manche Schätze, die wir nicht im Museum zeigen können, aufgrund Platzmangels oder weil sie thematisch nicht in die aktuelle Ausstellung passen. Eins von diesen interessanten Stücken ist diese polymikte Kristallinbrekzie, die in dem Fall nicht aus dem Ries stammt, sondern aus dem Neugrund-Krater in Estland.

Der Neugrund Krater

Schon im frühen 20. Jahrhundert fielen Forschenden ungewöhnliche Gesteine an der Küste Nordwest-Estlands und der Insel Osmussaar auf.

An den Stränden fanden sie hunderte Blöcke von auffällig dunklem brekziösem Kristallin-Gestein, dem Gestein, das heute „Neugrundbrekzie“ genannt wird. Neugrundbrekzie deshalb, weil das Gestein, wie wir heute wissen, aus einem Impaktkrater auf dem Meeresboden vor der estnischen Küste stammt, dem Neugrund-Krater. Dieser ist in den späten 1990er Jahren bei seismischen Untersuchungen des Meeresbodens vor Estland entdeckt worden. Der Krater hat (ähnlich wie der Rieskrater) einen inneren Kraterrand, der durch einen Wall begrenzt wird, und einen äußeren Kraterrand, innerhalb dem die Gesteine stark zerbrochen sind. Der Neugrund-Krater ist etwas kleiner als der Rieskrater: der innere Ring hat einen Durchmesser von 7 km und der äußere Kraterrand einen Durchmesser von 18 km.

In einer Vielzahl von Tauchgängen wurde Probenmaterial der Gesteine vom Neugrund-Krater geborgen. In diesen Proben wurden im Jahr 1998 eindeutige Merkmale („PDFs“ = engl. für planar deformation features in dem Mineral Quarz) für eine Verformung der Gesteine und Minerale durch eine Stoßwellenmetamorphose gefunden. Das heißt, dass die Gesteine für eine kurze Zeit extrem hohem Druck ausgesetzt gewesen sein müssen. Das war für die Forschenden die Bestätigung, dass der Neugrund-Krater tatsächlich durch den Einschlag eines kosmischen Körpers entstanden ist.

Die Sedimente, die sich kurz nach dem Impakt innerhalb des Kraters ablagerten, wurden datiert und das Alter des Kraters damit auf etwa 535 Millionen Jahre bestimmt. In dieser Zeit der Erdgeschichte, dem Kambrium, sind gerade mal die ersten komplexeren Lebensformen in den Ozeanen entstanden.  Unser Rieskrater ist dagegen mit seinen 15 Millionen Jahren eigentlich ein Jungspund.

Quelle: Suuroja, S., Suuroja, K., & Floden, T. (2013). A comparative analysis of two Early Palaeozoic marine impact structures in Estonia, Baltic Sea: Neugrund and Kärdla. Bulletin of the Geological Society of Finland85.